Grenzüberschreitender Austausch zur Zukunft der Schweinehaltung
Treffen der Ringgemeinschaft Bayern e.V. und der Schweinehaltung Österreich im Berchtesgadener Land
Am 30. und 31. Oktober 2025 trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der bayerischen und österreichischen Schweinebranche zum jährlichen Austausch in Ainring. Die Veranstaltung, organisiert von der Ringgemeinschaft Bayern e.V. und der Schweinehaltung Österreich, bot eine wertvolle Plattform für den fachlichen Dialog über aktuelle Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der Schweinehaltung in beiden Ländern.
Gemeinsame Herausforderungen – gemeinsamer Weg
Die Strukturen der Schweinehaltung in Bayern und Österreich ähneln sich stark – das macht den Austausch besonders wertvoll. Gerade in Zeiten weltpolitischer Unsicherheiten und wachsender Tierseuchengefahren ist eine enge Zusammenarbeit unerlässlich, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln und voneinander zu lernen
, betonte Stephan Neher Vorstandsvorsitzender der Ringgemeinschaft Bayern.
Tag 1: Tierseuchen, Emissionsvorgaben und Preisbildung im Fokus
Nach der Begrüßung durch Stephan Neher und Franz Rauscher (Schweinehaltung Österreich) eröffnete Dr. Ulrich Wehr vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit einem Vortrag zur aktuellen Großwetterlage Tierseuchen
. Im Fokus standen die Afrikanische Schweinepest (ASP) und die Maul- und Klauenseuche (MKS) – deren Verbreitung, Fallzahlen und Bekämpfungsstrategien, insbesondere in Bayern. Dr. Kerstin Seitz von der Landwirtschaftskammer Österreich ergänzte die Perspektiven aus Österreich und EU.
Johannes Reichenspurner von der Erzeugergemeinschaft Südbayern stellte die vertraglich geregelte Abnahmegarantie im Seuchenfall vor. Dabei wurde deutlich: Eine Verbringung von Schweinen aus Sperrzonen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise durch die Teilnahme am Freiwilligen Status-Verfahren ASP
, einem Früherkennungsprogramm zur Überwachung der Tiergesundheit.
Weitere Schwerpunkte von Johannes Reichenspurner
Neben den Seuchenthemen informierte Reichenspurner über aktuelle Entwicklungen in der Initiative Tierwohl (ITW) und die Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes (THKG). Er stellte die Programme der Handelsstufe HF3 vor, die von EDEKA, REWE und Kaufland unterstützt werden, und erläuterte die Fördermöglichkeiten über das Bundesprogramm Tierwohl (BUT) sowie BayProTier.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Industrieemissionsrichtlinie (IE-Richtlinie 2010/75/EU). Karin Pöhlmann von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) verdeutlichte die weitreichenden Auswirkungen auf die Tierhaltung:
- Strengere Anforderungen an Stallbau und Abluftreinigung
- Erhöhte Dokumentationspflichten und Umweltauflagen
- Hohe Investitionen in Technik und Infrastruktur
- Längere Genehmigungsverfahren
DI Dr. Horst Jauschnegg (Landwirtschaftskammer Steiermark) beleuchtete die Umsetzung aus österreichischer und europäischer Sicht. Besonders problematisch seien auch hier beispielsweise:
- Umfangreiche Genehmigungsverfahren
- Hohe Kosten für Planungsunterlagen und Gutachten
- Erhöhte Anforderungen an Transparenz und Dokumentation
Im Themenblock Preisbildung präsentierten Dr. Hans Schlederer und DI Johann Stinglmayr (VLV) Methoden zur Marktbeobachtung und Datenerhebung. DI Stinglmayr erklärte die Berechnung und Veröffentlichung des Ferkelpreises. Der Sauenplaner
– ein digitales Werkzeug zur Datenerfassung – ist für Mitgliedsbetriebe verpflichtend, wobei der Datenschutz strikt eingehalten wird.
Mario Flemm (EG Franken-Schwaben) stellte die Preisbildungsmodelle für Ferkel und Mastschweine in Bayern und Deutschland vor. Martin Heudecker (Ringgemeinschaft Bayern) brachte einen Vorschlag für einen fairen
Ferkelpreis ein – basierend auf einer Bachelorarbeit im Rahmen des Projekts Heimatversprechen
.
Tag 2: Regionalität und Marktstruktur im Mittelpunkt
Der zweite Tag begann mit der Vorstellung des Projekts Heimatversprechen
durch Martin Heudecker. Das Projekt zielt auf eine stärkere Datenvernetzung, transparente Vermarktung und eine glaubwürdige Kommunikation entlang der gesamten Wertschöpfungskette Schwein. Besonders das Thema Datenvernetzung stellte das Projektteam vor große Herausforderungen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.heimatversprechen.bayern. Projektende ist der 30.11.2025 – wie es danach weitergeht, ist noch offen. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich: Regionale Herkunft, Transparenz und Glaubwürdigkeit sind zentrale Bausteine für die Zukunft der Schweinehaltung.
Im Marktbericht beleuchtete Willi Wittmann die Strukturentwicklung der Schweinehaltung und die aktuelle Situation der Schlachthöfe in Bayern. Wittmann sprach offen über die wirtschaftlichen Herausforderungen: Die Verluste des Schlachthofs Landshut sind ein Jahr nach der Übernahme weiterhin hoch – eine Schließung oder ein Verkauf wird ernsthaft geprüft.
Ergänzende Perspektive von Dr. Hans Schlederer
Dr. Schlederer gab einen detaillierten Überblick über die Schlachthofstruktur in Österreich und die aktuellen Diskussionen zur Stallbauweise, insbesondere zu Spaltenböden.
Fazit und Ausblick
Das Treffen verdeutlichte die zentrale Bedeutung des grenzüberschreitenden Dialogs zwischen Bayern und Österreich – nicht nur wegen Tierseuchen und neuen gesetzlichen Vorgaben, sondern auch aufgrund tiefgreifender struktureller Veränderungen.
Die Branche steht dabei vor zwei großen Herausforderungen:
1. Konsolidierung der Schlachthofstruktur – sie gefährdet regionale Vielfalt und führt zu längeren Transportwegen sowie höheren Kosten für Landwirte.
2. Datenvernetzung entlang der Wertschöpfungskette – Projekte wie Heimatversprechen
zeigen, wie digitale Lösungen Transparenz schaffen, Prozesse effizienter machen und die Position gegenüber Handel und Politik stärken können.
Die Zukunft der Schweinehaltung hängt davon ab, wie gut es gelingt, Regionalität, Wettbewerbsfähigkeit und Digitalisierung miteinander zu verbinden.
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